Aruba nach Kolumbien

Da das Boot bereits seit dem Vortag seeklar wäre, haben wir kurz vor Sonnenaufgang gemütlich einen Kaffee getrunken und sind dann das kurze Stück durch die Lagune in den Industriehafen Barcadera gefahren, um dort auszuklarieren. Wir kannten uns hier ja schon aus und so gab es auch weder Komplikationen noch Überraschungen. Noch einmal im ruhigen Hafenbecken frühstücken, dann alles verstauen und es konnte endgültig losgehen.

Zwar verlassen wir nicht die Karibik, unser nächstes Ziel liegt aber auf dem südamerikanischen Festland. Aus dem „Inselhüpfen“ in der multinationalen karibischen Inselwelt wird dann Küstensegeln entlang großer Flächenländer. Es fühlt sich in jedem Fall wie ein neuer Abschnitt unserer Reise an uns das ist es wohl auch.

Wir haben ein stabiles Wetterfenster abgewartet und wie vorhergesagt, kommen zum Downwind (Rückenwind) noch mäßige Wellen von schräg hinten und eine zeitweise starke Strömung hinzu, die uns zusätzlichen Schub gibt. Bereits vor dem Auslaufen haben wir daher alles zum Ausbaumen vorbereitet und setzen direkt nach dem Start Groß und Genua für eine klassische Passatbesegelung. 
Aufgrund der konstanten Windverhältnisse und dem geradlinigen Kurs gibt es an der Segelstellung dann auch nur noch kleine Korrekturen. Wir segeln genussvoll bei schönstem Wetter und mit einer für unsere Verhältnisse atemberaubenden Geschwindigkeit. Am Nachmittag und frühen Abend erreichen wir praktisch stündlich einen neuen Geschwindigkeitsrekord – in der Spitze bis zu 9kn. 

Da in dieser Nacht der ohnehin nur schmale Mond schon ca. 22:30 Uhr unterging, sind wir durch eine im Wortsinn schwarze Nacht gerauscht, unter einem Sternenhimmel, wie wir ihn bislang noch nicht erlebt haben. Um die Fülle der Sterne zu beschreiben – ein so markantes Sternbild wie der Orion war in der Dichte der umgebenden Sterne gar nicht einfach zu erkennen. In der Dunkelheit waren auch die fluoreszierenden Effekte im neben dem Boot aufschäumenden Wasser durch starkes Glitzern wahrnehmbar. Es war einfach nur wunderschön, neben und hinter uns praktisch ein Glitzerteppich. Ab Mitternacht ist der Wind dann deutlich abgeflaut und die Rauschefahrt ist wieder unserem normalen Segeltempo gewichen. Darüber waren wir aber auch ganz froh, denn sonst hätte unsere Zeitplanung nicht gestimmt und wir wären mitten in der Nacht in Santa Marta angekommen.

An Nachmittag des zweiten Tages wurden die Wellen deutlich höher, bei ziemlich kleiner Amplitude, was bedeutet, dass die Wellenkämme sehr schnell aufeinander folgen und das Boot weniger sanft auf und ab gleitet bzw. hin und her schaukelt, sondern dies entsprechend schnell und heftig tut.

Das ist zwar, zumindest für ein so massives Boot wie unseres, nicht gefährlich, aber doch ziemlich unangenehm. Speziell die, ungefähr einmal in einer halben Stunde auftretenden deutlich größeren Wellen, werfen dann doch alles im Boot, was nicht gesichert ist, durcheinander. Es ist auch praktisch nicht mehr möglich, in Fahrtrichtung zu schlafen oder zumindest zu ruhen, bleiben also nur die Liegeflächen quer zur Schiffsachse. Wir haben dann den Kurs etwas modifiziert um den Einfallwinkel der Wellen für uns etwas angenehmer zu gestalten. Das hat etwas geholfen, aber sehr viel Spielraum hatten wir hierbei nicht.

Also hieß es durchhalten und speziell für mich, die dann doch nicht ganz zu unterdrückende Angst eben auszuhalten. Auch nach so vielen Seemeilen unterwegs verursacht der tanzende Horizont – insbesondere in der Nacht – bei mir immer noch Angstgefühle mit allen bekannten körperlichen Symptomen. 

Am Morgen war das dann aber schon fast wieder vergessen, denn die bewegte See vor dem Hintergrund der Bergkulisse war einfach nur noch faszinierend. Santa Marta ist umgeben vom höchsten Küstengebirge der Welt, in unmittelbarer Nähe steigen die Berge auf bis zu 5.700m an. Da verwundert es nicht, dass der Wind in Küstennähe stetig zunimmt und noch kurz vor Einfahrt in die Bucht mehr als 30 Knoten hat.
Mit den Wellen ist es aber vorbei und so nehmen wir Funkkontakt mit den Hafenbehörden auf, holen in Ruhe die Segel ein und bereiten Leinen und Fender für das Anlegen vor.

In der Einfahrt zur Marina hören wir als erstes ein fröhliches „guten Morgen“ von einer ausfahrenden, kolumbianischen Motoryacht, dann winkt uns direkt vom ersten Steg ein früherer Segelnachbar zu und 10 Minuten später waren wir fest am äußeren Steg neben einem Pilotboot.

Die beiden netten Jungs, die uns unseren Platz angewiesen hatten, haben sich über Anlegerbierchen und eine Zigarre gefreut und sind mit unseren Pässen und Papieren und dem freundlichen Hinweis, dass wir uns vorläufig nicht ganz so weit entfernen sollten, wieder verschwunden.

Und wir haben ein paar erste Schritte auf dem südamerikanischen Kontinent gemacht und erst einmal ein bisschen Schlaf nachgeholt.

 

Ein letzter Blick auf die Varadero Marina, dann richtet sich alle Konzentration nach vorn, auf die bevorstehende Überfahrt
Na gut, doch noch ein letzter Blick zurück, ganz in der Ferne sieht man Aruba
Phasenweise extrem entspanntes Segeln, da bleibt Zeit für Selfie’s
Adrian am Steuer, wir segeln für unsere Verhältnisse außerordentlich schnell
Sonnenuntergang am ersten Abend, keine Wolke, kaum Wellen und eine große Ruhe
Das erste Morgenlicht als schmaler Streifen auf der Kaffeetasse

So sieht das dann direkt neben dem Boot aus

Adrian holt die Segel vollständig herunter
Hallo Santa Marta – buenos dias!

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